Die einen rechnen gar nicht mehr mit Gott. Andere fragen sich angesichts menschlichen Leids: Wo ist Gott? Der Evangelist Lukas hat dem Apostel Paulus in seiner Rede auf dem Areopag in Athen einen treffenden Satz in den Mund gelegt: Gott habe die Menschen geschaffen, „dass sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden von uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir“ (Apostelgeschichte 17,27-28). An Gott kommen wir also gar nicht vorbei, wenn er in und um uns ist, ob wir an ihn glauben oder nicht. Gott ist weder ferne in der Corona-Pandemie, noch ist ihm unser Schicksal gleichgültig. Wir müssen lernen, ihn „zu fühlen und zu suchen“.
Wo ist Gott zu finden?
In dem unsäglichen Leid der Intensivstationen? Bei den alten Menschen, die aus Sorge vor Ansteckung von Bekannten und Verwandten abgeschottet werden? Was hat Gott zu sagen angesichts der Angst und Verzweiflung der Artisten und Künstler ohne Auftrittsmöglichkeiten? Was tut er für die Ladenbesitzer, die ihre Geschäfte monatelang schließen mussten? Wo zeigt Gott uns den Weg angesichts der Ratlosigkeit und der Unwissenheit, wie mit dieser völlig neuen Gefahr umzugehen ist?
Paulus zufolge behaupte ich: Gott ist überall dort zu finden, wenn wir bereit sind, ihn auch dort zu suchen, wo Leid, Angst, Elend und Hoffnungslosigkeit herrschen. Die biblischen Schriften erzählen davon, wie Menschen Gottes Hilfe in Notzeiten erfahren haben. Dazu ist es notwendig, dass wir unsere landläufige Vorstellung von Gott hoch droben im Himmel ändern müssen.
Jesus Christus wird im NT dargestellt als der „exemplarisch Leidende“. Er war Gott gleich und doch erniedrigte er sich selbst und ging den Weg bis zum Tod am Kreuz (Philipper 2,6,8). Jesus trägt nicht nur stellvertretend für uns unser Leid und unsere Schuld. Der Liederdichter Johann Heermann bringt die Stellvertretung auf den Punkt, wenn er in seinem Lied „Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen“ (EG 81,5) dichtet: „Gott wird gefangen“. Jesus zeigt uns also stellvertretend für Gott und gottgleich, wie Gott bereit ist, in der tiefsten Tiefe unseres Lebens mitzuleiden und zu sterben. Dies ist eine völlig andere Anschauung von Gott, als wenn wir ihn in fernen Höhen wähnen und uns fragen: Wo ist Gott angesichts des Leides? Wir können antworten: Hier ist er, mitten in den Zentren des Leides und der Verzweiflung.
Wie hilft der leidende Gott uns Menschen?
Wir sind in dem Chaos der Pandemie nicht allein gelassen, von Gott nicht und überhaupt nicht.
Leid, Chaos und Tod gehören untrennbar zu unserem Leben, mal mehr, mal weniger. Paulus schreibt deshalb von der „seufzenden Schöpfung“, die sich nach Erlösung sehnt. Wir müssen uns zeitlebens mit der unvollkommenen Wirklichkeit herumschlagen. Doch wir gehen der Vollendung der Schöpfung entgegen (Römer 8, 19ff). Aus dieser Perspektive können wir Hoffnung und Kraft schöpfen für heute. In der Unwirtlichkeit unseres Lebens schon preist Jesus Leidende selig. Er wendet sich ihnen zu und heilt Zahlreiche zeichenhaft. Er macht damit die Welt nicht leidensfrei, doch er zeigt damit, wie Gott es mit uns meint. Er pflanzt uns mit seinem Handeln Hoffnung und Zuversicht ins Herz. Leiden ist keine Strafe Gottes. Leidende sind nicht fernab von Gott. Er ist ihnen nah.
(Wird fortgesetzt. Nächstes Kapitel: Gott ist nicht nur der „liebe Gott“.)
In der momentanen Krise wo wir uns schon lange befinden habe ich mich oft gefragt : Wo ist Gott ?
Ich bete täglich und bitte ihn ,den Menschen, den Kindern und auch mir Kraft und Hoffnung zugeben.Dass er den Verantwortlichen die richtigen Entscheidungen treffen läßt. Ja ,ich frage Gott ,warum gibt es soviele
undankbare Menschen unter uns.Mein Glaube sagt mir ,er ist mir näher als ich im Moment denke,denn Gott hat mich bis hierhin begleitet und Kraft gegeben!!
Liebe Frau Hirschhäuser,
vielen Dank für Ihre Gedanken zum Thema „Wo ist Gott“. Unser Glaube und unsere bisherigen Erfahrungen mit Gott helfen auch mir weiter.
Herzlich grüßt Sie
Ihr Wolfgang K. Leuschner