12 Wochen Lockdown – und wir leben

Seit 12 Wochen sind wir im Lockdown. Als Angehörige der Risikogruppe der über 65 Jährigen sind wir gehalten, unser Haus nicht zu verlassen. Herta tat dies praktisch gar nicht mehr außer zwei Dienstfahrten in die Schule. Ich ging einmal die Woche das Nötigste einkaufen, natürlich mit Mundschutz. Und was machten wir so? Nach dem Frühstück erst mal eine Video-Gesprächsrunde mit Tochter Eva und ihrer Familie. Dann vergnügten wir uns mit digitaler Arbeit oder mit Putzen, weil unser Hausangestellter Rajan eben so lang schon im fernen Darjeeling bei seinen Verwandten festhängt. Kochen und vor Sonnenuntergang Rundgänge auf der Dachterrasse und Krimis am Abend im Fernsehen. Denn ohne Krimi geht die Herta nie ins Bett. Von den Nachrichten über Fallzahlen und Ausbreitung des Virus hatten wir langsam genug. In unserer Community ist auch kein Covid 19 Fall aufgetreten.

 Als Pfarrer bin ich dafür da, Gottesdienste zu halten. Öffentlich sind sie verboten. Also bin ich notgedrungen zum YouTuber geworden und habe Andachten und Gottesdienste als Videos produziert. Diese Andachten zu entwickeln und aufzunehmen hat mir immer mehr Freude gemacht. Ich bin dabei Regisseur, Kameramann (seit ein paar Tagen habe ich endlich ein Stativ, bisher war es eine Leiter oder ein Notenständer), Darsteller, Cutter und Produzent in einem. Bei Gelegenheit fange ich immer wieder Szenen als Videoclips ein, die ich mal verwenden könnte, wie das Windrauschen für die Pfingstandacht, als es einmal bei großer Hitze heftige Windböen gab. Dankbar bin ich für Tochter Eva, die für ihren Pfarrer in Singapur und für mich nach unseren Wünschen Lieder aufnimmt. Mich freut es, dies alles auch als 71 Jähriger tun zu können.

Am 14. Juni wurden wir verabschiedet. Nicht in einem Gottesdienst. Das ist noch verboten. Aber der Gemeindekirchenrat war da. Jeder hatte für den Sonntagsbrunch etwas mitgebracht. Es fehlte an nichts, auch nicht an einer kleinen Andacht zu Beginn – aber ohne Singen und mit Abstand am Tisch gesessen. Es war eine angenehme Atmosphäre und wir wurden mit anerkennenden Worten und einem Glas-Ganesh, dem hinduistischen Elefantengott, gewürdigt.

Abschieds-Brunch mit Maske und Abstand

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