In Memoriam Queen Elizabeth II.

Heute Morgen sah ich in den Nachrichten: Queen Elizabeth II. ist verstorben (8.9.2022). Ich suchte mir auf Spotify das Deutsche Requiem von Johannes Brahms heraus und lauschte den Arien von Rudolf Scholz, Barbara Hendricks und dem Chor des Wiener Singvereins. Das Ganze interpretiert von den Wiener Symphonikern unter Leitung von Herbert Karajan. Ich war überrascht, Psalmtexte zu finden, die ich in meiner Zeit als Gemeindepfarrer viele Male in den Trauerfeiern rezitiert habe: „Herr, lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss“ (aus Psalm 39).

„Alles Fleisch ist wie Gras“, singt der Chor nach 1. Petrus 1,24. „Alle Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blumen. Das Gras ist verdorret
und die Blume abgefallen.“ Aber diese Realität, die auch auf eine so beeindruckende Frau wie die Queen zukommt, ist nicht das Ende. Der Jakobusbrief wird zitiert mit dem hoffnungsvollen Satz „So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis auf die Zukunft des Herrn,“ so wie ein Ackermann geduldig auf die Früchte wartet. Und schließlich endet dieser musikalische Satz in eine fröhliche Zukunftsaussicht aus Jesaja 35,10: „Die Erlöseten des Herrn werden wiederkommen, und gen Zion kommen mit Jauchzen; … Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird weg müssen.

Das Requiem von Brahms halte ich für ein einfühlsames und beeindruckendes Angebot der Trauerbewältigung. Biblische Texte aus den Trauerfeiern in Stadt- und Dorfgemeinden kommen auf ganz neue Art zum Klingen, indem sie ein Komponist wie Brahms sie quasi neu erschafft.

Bestattungsriten und die Art und Weise, den Verlust eines geliebten und geschätzten Menschen zu bewältigen, ist eine der frühesten Formen der menschlichen Kultur. Schon von den Neandertalern vor 40.000 Jahren kennen wir Bestattungsriten. Ihre Funde sind beredte Zeugnisse für ein beginnendes Bewusstsein dafür, dass der Tod nicht ein Ende, sondern auch durch die Grabbeigaben ein Übergang ist, die Hoffnung auf ein neues Leben und eine Wiedergeburt, wenn die Toten in embryonaler Hockstellung bestattet wurden. Dies sind erste Zeichen einer religiösen Deutung des Lebens und des Todes. Welche großartige Entwicklung im Umgang mit Tod und Sterben stellen die Requiems der klassischen Komponisten und der Komponisten der Moderne dar wie etwa das Hiroshima Requiem des japanischen Komponisten Tomiko Kohjiba.

Religion ist für mich keine gesellschaftliche Äußerung, die sich irgendwann überlebt hat. Vielmehr bietet sie recht verstanden und gehandhabt für Menschen eine Lebens- und Weltdeutung, die immer wieder kreativ und zeitbezogen den Menschen zum Leben und zum Überleben in schwierigen Zeitläuften hilft.

 

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